Die mittelalterlichen Steine (14. bzw. 15. Jahrhundert)

Diese Grenzsteine, mit griechischen bzw. römischen Kreuzzeichen und/oder Rostzeichen, sowie (in zwei Fällen) Wolfsangelzeichen, wurden in zwei Urkunden aus dem 14. bzw. dem 15. Jahrhundert erstmalig erwähnt; dabei handelt es sich um einen Kaufvertrag vom 9. Oktober 1412 sowie einer Grenzanerkennungsurkunde vom 14. Oktober des gleichen Jahres. Die 19 noch vorhandenen* Grenzsteine (in den Urkunden „Malstene“ bzw. „Schedelstene“ genannt) sind hinlänglich u.A. von Herrn Werner Voß (Sottorf) recherchiert, dokumentiert und beschrieben worden. Sie sind hier der Vollständigkeit halber aufgeführt, denn, wer die anderen hier dokumentierten Grenzsteine sucht, wird sicherlich den einen oder anderen dieser “Schedelsteine“ sehen und sich auch darüber informieren wollen.

Der Vertrag vom 9.10. 1412 aus dem Stader Archiv, Bestand Altkloster Nr. 230, ist hier abgebildet:

14121009_Vertrag

Der obige Vertragtext fängt so an:

Wy Bertold Mynrik und Johan des vornopten Bertoldes sone knapen alle gheheten Schulten Bekenet und betughet // openbare in dessem breue vor allesweme dat wy myd willem unde vulbord alle ynser Eruen hebbet verkoft vnd vorkopet ie//ghenwardigen in dessem breue redeliken vnd rechtliken to eneme steden ewighen eruekope Deme Ersamen heren heren // Johane proueste vnd deme Clostere to Buxtehude ……“.

Eine vollständige Abschrift dieses Vertrags kann hier angesehen werden.

-/-

Die Grenzanerkennungsurkunde vom 14. Oktober im gleichen Jahr, aus dem Stader Archiv (Bestand Altkloster Nr. 231)  ist hier ebenfalls abgebildet:

14121014_Vertrag

Der erste Teil der Urkunde lautet wie folgt:

Wy Johan van der gnade godes vnd des Stoles to Rome Abbat Marquard prior vnd // de gantze Conuent des Closters to hertzeuelde des Ordens sunte Benedicti des stichtes // to Bremen Bekenet vnd betughet openbare in dessem breue vor allesweme dat de ghe//sathen schedelstene van deme velde to doddenrode an ouer den deth wech de van doddenrode // na hiduelde gheyd …„.

Die Namen der nahegelegenen Orte Harsefeld („hertzeuelde„), Bremen, Dodenrode („doddenrode„, eine wüste Dorfstätte im heutigen Rosengartener Forst) sowie Hittfeld („hiduelde„) lassen sich leicht erkennen. Die ‚Schedelstene‘ erstrecken sich nicht mehr bis zum „Feld zu Dodenrode“ – da sind mehrere wohl in der Zwischenzeit den Steinbrechern zum Opfer gefallen.

Eine Abschrift dieser Urkunde (zusammen mit dem Text in Hochdeutsch) ist hier zu sehen.

-/-

Diese Grenzsteinreihe erstreckt sich heute über ca. 3 km vom „Neugrabener Weg“ im Westen bis nach Leversen im Osten. Heute sind 19* dieser mit diversen Inschriften versehenen Findlinge vorhanden, wobei drei* weitere Steine dieser Reihe fehlen. Diese Steine sind von Prof. Dr. Willi Wegewitz im Harburger Jahrbuch VI von 1950/51 erwähnt worden; danach haben sich mehrere Heimatforscher mit diesen Steinen beschäftigt. Werner Voß (Sottorf) hat sich wohl am meisten um die Geschichte dieser Schedelsteine gekümmert (z.B. im Stader Jahrbuch 1995 sowie 1996); die Herren J. F. Heinrich Müller (Bötersheim, Harburger Jahrbuch XIV, 1973/74), Wilhelm Marquardt (Immenbeck, Harburger Jahrbuch IX,  1959/60) und Carsten Päper (Meckelfeld, diverse Schriftstücke) dürfen auch in diesem Zusammenhang erwähnt werden.

Auf ein Bild klicken, um es zu vergrößern; von dort aus die Pfeil-Symbole anklicken, um weitere Bilder vergrößert zu sehen.

Die verschiedenen Symbole – sog. Tatzenkreuze und Rostzeichen – zeugen davon, dass die Ländereien um Sieversen und Leversen zu verschiedenen Zeiten diversen kirchlichen Institutionen gehörten. Voß identifiziert vier verschiedene Formen:

  1. ‚Lateinische Kreuze‘, d.h. mit dem unteren Teil des senkrechten Balkens deutlich länger als der obere Teil – Symbol des Harsefelder Klosters
  2. ‚Griechische‘ Kreuze, mit gleichlangen Balken – Erzstift Bremen
  3. Rostzeichen, bestehend aus drei gleichlangen senkrechten Balken, eingefasst oben und unten durch zwei waagerechten Balken, dessen Enden links wie rechts etwas überstehen, wie z.B. Nr. 11 oben – Altes Kloster Buxtehude (dessen Schutzpatron, der Hlg. Laurentius, auf einem Feuerrost das Märtyrertod gefunden haben soll). Wegewitz deutete dieses Zeichen als Hauszeichen der Herren von Heimbruch;  A.C.Förste sowie W.Voß vertraten die Meinung, dass es sich um das Zeichen des Alten Klosters handelt.
  4. Stielrostzeichen (Steine 20 und 21), die aus sowohl Rost- als auch Kreuzzeichen bestehen. Dies kam dadurch zustande, dass das ursprunglich eingemeißelte Kreuzzeichen zu einem späteren Zeitpunkt zum Rostezeichen ergänzt wurde; aus Platzgründen ragt ein Teil des senkrechten Balken aus der Roste hinaus.

Ein Stein dieser Serie wurde in 1749/50 als Orientierungspunkt bei der Grenzbeschreibung der Forstteilung bei Sieversen und Sottorf als Orientierungshilfe herangezogen:

„Die Gräntze des der Allergnädigsten Herrschaft von diesem Holtze zugefallenen Anteils fängt an, bey dem vor den Günterbergen liegenden jetzigem Lühmanns Lande und der Stubenwalder Holtz Schneede, gehet von dar durch die Graß Kuhle über den großen Sandberg, weiter über den Hülsenberg und ferner über den Scharfen Steinweg in Steps [bzw. „Soeps“] Grund bis an dem mit einem [Tatzenkreuzsymbol] bemerckten, die Stiftts- und Sieverser Höltzung scheidenden Stein …“.

Diese Beschreibung passt eindeutig auf den Stein Nr. 12. Schräg gegenüber von diesem mächtigen Stein steht heute noch der Stein „N XIV“  von der oben beschriebenen Grenze.

Nr. S-12
Nr. 12 der mittelalterlichen Grenze

(*) Fußnote: Am 23. Juli 2018 wurde bekannt, dass der Stein, der früher an der Ostseite vom Quellenweg in Sieversen, an der Einmündung des von Leversen führenden Feldweges stand (nach der Voß’schen Nummerierung S17) gestohlen worden ist. Dies wurde der Polizei in Winsen sowie im Rosengarten, gemeldet. Bis dato (Stand Dezember 2020) ist sein Verbleib noch unbekannt.

(nach oben)

Hinterlasse einen Kommentar